HPMC - Von Dampfplauderern, Huntern und Farmern

Artikelnummer: 00000275

Lieferzeit: Keine Lieferzeit hinterlegt

 

Details

Fachbeitrag 

 

Von Dampfplauderern, Huntern und Farmern 

 

Business Reengineering, Geschäftsprozessoptimierung, Lean Management, so und ähnlich lautende Mode-Schlagworte geistern Geschäftsführern mittelständischer Fachhändler schnell durch den Kopf, sobald es darum geht, seinem schwächelnden Unternehmen wieder auf die Füße zu helfen oder wenn er sich mit Wachstumsgedanken trägt. Verbesserte Prozess- und Organisationsabläufe sorgen aber oftmals im Verbund mit dem „falschen“ Verkäufer dafür, dass König Kunde schneller an seiner Monarchenwürde zweifelt und effektiver verstimmt bzw. noch schlimmer vergrault wird. Allzu oft wird bei allen Restrukturierungs- und Sanierungsbemühungen derjenige vergessen, der die Aufträge reinholt und den Umsatz generiert: der Verkäufer. Einmal auf das falsche (Vertriebs-)Pferd gesetzt, ist der Ruf schnell ruiniert und der Umsatz -eh man sich versieht- im Keller angelangt.  

 

Doch was für Verkäufertypen gibt es überhaupt? Und woran erkennt man sie? Ganz grob lassen sich Verkäufer in sechs Gruppen einteilen. 

 

Als Erstes hätten wir da den Verkäufer, der bislang bei einem Hard- oder Software-Hersteller oder einem großen Systemintegrator sein Geld verdient hat. Er wird gerne genommen, weil man ihm am ehesten das Produkt-Know-how und den Erfolg zutraut. Die vermeintliche Verkaufskanone wird dabei aber zu einem hohen Preis eingekauft. Denn dieser Verkäufer-Typ ist ein hohes Festgehalt gewohnt, das mindestens bei 42.000 € plus Firmenwagen liegt. Das Zieleinkommen bewegt sich zwischen 80.000 € und 150.000 €. Das braucht er auch, um seinen gewohnten Lebensstil zu pflegen. Da er in aller Regel nicht gewillt ist, seine Vorstellungen zurückzuschrauben, muss sich der Fachhändler fragen, ob er bereit ist, ihn zu diesen Konditionen einzustellen und – ganz wichtig – ob sein Geschäft das überhaupt abwirft. Erfahrungsgemäß ist selbst ein Festgehalt von 30.000 € pro Jahr noch zu viel für einen kleinen bis mittelständischen Fachhändler.  

 

Eingefahrene Prozesse sind sein Ein und Alles und zu seinen Standardsprüchen zählt: „Das haben wir bei XY immer so gemacht“. Die Auftragsnachbearbeitung und die Angebotserstellung sind auch nicht gerade sein Steckenpferd. Dafür hatte er früher Zugriff auf eine nachgeschaltete Abteilung oder einen Assistenten. Fehlen all diese Annehmlichkeiten, ist er oftmals überfordert und der Ärger ist vorprogrammiert. Das größte Problem aber ist, dass er gewohnt ist, hauptsächlich mithilfe des renommierten Namens seines Arbeitgebers Aufträge an Land zu ziehen. Für den Fachhändler ist so ein Verkäufertyp nur sehr schwer zu steuern und in aller Regel endet das Engagement für beide Seiten mit einem Fiasko.  

 

Der sogenannte „Channel VB“ vom Hersteller ist auch keine Alternative für den Fachhandel. Darauf getrimmt, das Geschäft des Herstellers mit dem Fachhandel auszubauen, indem er ihm das Lager vollstellt, verfügt er über keinerlei Erfahrung im direkten Geschäft mit dem Endkunden. Als klassischer „Box-Mover“ ist er an derartigen Kontakten nicht interessiert, es sein denn es winkt ein lukratives Volumengeschäft.  

 

Eine besondere Spezies unter den Verkäufertypen ist der „Hans-Dampf in allen Gassen„, der Dampfplauderer, der Selbstdarsteller, der maßgeblich für den schlechten Ruf der Verkäufer verantwortlich ist. Der Typ redet viel, verspricht alles und herauskommt nur heiße Luft. Ihm fehlt die reale Einschätzung für die Verkaufssituation. Bei einem „vielleicht“ des Kunden feiert er schon den Abschluss des Geschäftes. Aber verwertbare Aufträge sind in der Regel Fehlanzeige bei ihm. Dieser Verkaufstyp ist allenfalls dazu zu gebrauchen, auf Kaffeefahrten den Omas den letzten Euro Ihrer Rente abzuschwatzen, aber nicht im IT-Umfeld seriöse Geschäfte zu machen.  

 

Ebenso unproduktiv ist der „Abwickler“. Als Quereinsteiger ist er zum Vertrieb gekommen, wie die Jungfrau zum Kind, und sein Herz hängt eigentlich immer noch an seinem beruflichen Ursprung in der Technik oder der Administration. Er ist der nette Mensch für eine Tasse Kaffee, der mangels jeglicher Zielorientierung und Zielstrebigkeit aber nie neue Projekte generieren wird, es sei denn, dass der Kunde mit einem Auftrag droht. Beim Kunden wird man ihn nur äußerst selten antreffen. Er ist ein Bürokrat, der in großen Organisationen monopolistischer Unternehmen mitläuft und seinen ihm zugeteilten Kundenstamm verwaltet.  

 

Der „Ärmel-hoch-Krempler“ oder auch Hunter genannt ist ein Segen für jeden Fachhändler. Er ist in der Regel Mitte 30 bis Ende 40 und Verkäufer aus Leidenschaft. Er denkt konstruktiv mit und seine Bereitschaft zur Leistung ist extrem ausgeprägt. Deshalb akzeptiert er auch ein relativ niedriges Festgehalt bei hoher Provision. Dieser Verkäufertyp ist als Hunter ideal für die Neukundenakquise, weil er sich gerne täglich dem Wettbewerb mit den Kollegen und Mitbewerbern auf dem Markt stellt. Er betrachtet das Verkaufen als „sportliche“ Herausforderung. Er ist sehr von sich überzeugt (im positiven Sinne) und strotzt vor Selbstbewusstsein. Aber er braucht Freiraum und Kompetenzen, um erfolgreich zu sein.  

 

Sein Kollege, der Farmer, eignet sich dagegen hervorragend als Key Account Manager für die Bestandskundenpflege. Er kümmert sich im wahrsten Sinne des Wortes um seine Kunden. Er gilt bei den Kunden als angenehmer, vertrauenswürdiger Ansprechpartner. Aufgrund seiner langjährigen Kontakte zum Kunden kennt er dessen Strukturen, Mechanismen und Entscheider. Er denkt sehr strategisch und ist ein guter Netzwerker. Dadurch eröffnet er seinem Arbeitgeber oftmals ganz nebenbei neue Kundenkontakte. 

 

Fazit: Der ideale Vertriebsmann ist eine gesunde Mischung aus Hunter und Farmer, er bestellt das Feld und erntet die Früchte seiner Arbeit. Leider laufen davon nicht viele draußen frei herum, sodass man sie in der Regel beim Wettbewerb abwerben muss, was sich ohne eine gewisse Investitionsbereitschaft nicht realisieren lässt. Aber die Investition lohnt sich.  

 

Generell sollte man sich die Zeugnisse des potenziellen neuen Vertriebsmitarbeiters sehr genau ansehen. Vor allem der Passus über das Erreichen von Zielen und Vorgaben sagt sehr viel darüber aus, welchen Verkäufertyp Sie vor sich haben. Fehlt dieser ganz, kann man davon ausgehen, dass er weit unter seinen Vorgaben geblieben ist. Wenn möglich sollte man sich auch Referenzen von Kunden zeigen lassen. Wer keine vorzeigen kann, von dem sollten Sie die Finger lassen.  

 

Wer sich nicht sicher ist, welchen Verkäufertypen er vor sich hat und ob seine Wahl die Richtige sein wird, sollte lieber einen professionellen Vertriebscoach zurate ziehen, bevor er den „Falschen“ einstellt. Denn der kostet ihn im günstigsten Fall nur viel Geld und Nerven, im schlimmsten Fall aber die Existenz.  

 

Und denken Sie immer daran: Erfolg braucht seine Zeit. Auch der beste Verkäufer benötigt eine Vorlaufzeit zwischen drei und sechs Monaten, bis er den ersten Auftrag mit nach Hause bringt. Wenn Sie mit der Einstellung eines Verkäufers ein bestimmtes Ziel verfolgen, beginnen Sie rechtzeitig mit der Suche nach einem geeigneten Kandidaten. 

 

7.233 Zeichen 

 

Autor: Horst Persin ist Inhaber der HPMC – Horst Persin Management Consulting in Wiesbaden
Registrieren Passwort vergessen Überprüfungs-E-Mail zusenden